Photokina 2012: Gefangen im Systemkamera-Dschungel
Nun liegt mein erster Photokina-Besuch hinter mir! Das Fazit gleich vorab:
- Es war unheimlich anstrengend. Man ist wirklich nichts mehr gewöhnt.
- In zwei Tagen schafften wir es gerade eben, alles einmal abzulaufen.
- Ich bin stolzer Besitzer einer großen Anzahl von Schlüsselbändern, praktischen Umhängetaschen und einem schicken Ansteck-Pin von Zeiss.
- … und ich hatte leider keine eindeutige Erleuchtung bezüglich Investition in eine Systemkamera – eher komme ich verwirrter zurück als vorher.
Meine Vorab-Recherchen hatten drei potenziell interessante Modelle ergeben, die ich mir nun näher anschauen wollte:
- Olympus OM-D E-M5: Vertreter der Micro-Four-Thirds-Klasse und gutes Komplett-Paket.
- Fuji X-Pro1: Das Luxusmodell mit analogem Sucher – leider mit Abstand am teuersten.
- Fuji X-E1: Das neue hochwertige Modell, was auf den optischen Sucher verzichtet.
Mein erster Anlaufpunkt war der Stand von Fuji. Beide Modelle konnten ausgiebig angefasst und getestet werden. Zunächst fiel mir die X-Pro1 in die Hände. Vor dieser Kamera hatte ich insgeheim Angst und hoffte, dass sie mir aufgrund des hohen Preises nicht zu gut gefallen würde ;-) Erster Eindruck: Sie ist groß! Viel größer, als ich vermutet hatte. Das Einstellen der der Blende am Objektiv macht Spaß. Der digitale Sucher weniger – aber dafür gibt es ja die optische Variante. Und die gefiel mir richtig gut. Ansonsten kam ich intuitiv nicht sonderlich gut mit der Kamera klar. Fast war ich etwas erleichtert.
Wenige Meter weiter links gab es dann die X-E1 zu bestaunen. Von der Größe her für meine kleinen Hände wesentlich angenehmer, ansonsten ähnliches Bedienkonzept. Hier gibt es dann nur den digitalen Sucher, der mich wirklich nicht begeistert. Unabhängig vom eingeschränkten Objektivangebot stellte ich schnell fest – das wird nicht meine Kamera. Ich glaube, beide Fujis liegen mir einfach nicht. Schade – aber das wird die Auswahl einschränken und hoffentlich erleichtern.
Auf zu Olympus! Auch dort ist einiges los, aber trotzdem bekommt man problemlos die Möglichkeit, die OM-D näher zu betrachten. Erster Eindruck: Das Design ist nicht so ganz nach meinem Geschmack, von der Größe her liegt sie mir allerdings deutlich besser. Der digitale Suche ist … naja. Ich glaube, ich würde ihn selten nutzen. Ich bin einfach den grandiosen Sucher der 5DII gewöhnt, eine Umgewöhnung würde wohl einige Zeit dauern. Sofort fällt mir das fehlende Daumenrad auf, an dessen Stelle sich vier für mich nicht sehr wertig erscheinende Tasten befinden. Der richtige Funke springt nicht sofort über.
Gleich nebenan liegen die PEN-Modelle, die eigentlich nie wirklich in der engeren Wahl waren. Unter anderem kann man dort die Neuvorstellung E-PL5 betrachten. Ich muss sagen – schöne Kamera! Die ist wirklich kompakt. Ein Sucher ist nicht integriert, allerdings gefielen mir die eingebauten ohnehin nicht. Die Bedienung ist deutlich Menü-lastiger, allerdings kam ich mit den Tasten der OM-D ja auch nicht richtig zurecht. Die kompetente Dame am Messestand teilte mir mit, dass man die OM-D für eine Stunde ausleihen kann. Das wollte ich am zweiten Tag ausprobieren.
Gesagt, getan. Punktlich um 10.05 Uhr am Sonntag Morgen nehme ich eine OM-D in Empfang. Nach kurzer Sichtung sind die wichtigsten Funktionen schnell gefunden. Auch Dinge wie Belichtungskorrektur lassen sich gut über Einstellräder vornehmen. Was ich nie gedacht hätte: Den Touchscreen kann man wirklich gut nutzen! Mit Fingertippen auf eine Stelle des Displays fokussiert die Kamera unglaublich schnell auf diesen Punkt und löst anschließend aus. Das fand ich durchaus beeindruckend. So ein Feature hätte ich zuvor für Spielerei gehalten. Die Stunde nutze ich voll aus und fotografiere ziemlich wild in der Gegend herum. Auf die High-ISO-Fähigkeiten bin ich sehr gespannt, die werde ich zu Hause am Rechner beurteilen. Was mich wirklich ziemlich stört, sind die vier Menü-Tasten auf der Rückseite und die Taste zum Start des Wiedergabe-Modus. Irgendwie wollen die für mich nicht so richtig in die wertige Haptik der Kamera passen.
Nachdem ich die OM-D wieder abgegeben habe, schaue ich noch einmal zur neuen PEN. Und schließe sie hiermit aus. Ich glaube, die fehlenden Einstellräder würden mich in der Praxis dann doch deutlich stören.
Eher interessehalber statte ich dem Sony-Stand einen Besuch ab. Die NEX-Modelle kamen für mich schon allein deshalb nie in die engere Wahl, weil sie mir optisch einfach nicht gefallen. Ist vielleicht kein wichtiger Grund – aber ich will meine Kamera jedes Mal mit Freude in die Hand nehmen. Die neue NEX 6 hat mir dann ganz überraschend wirklich gut gefallen: Hochwertig, viele Einstellräder, liegt optimal in der Hand. Das ist mal eine Kamera, mit der ich mich auf Anhieb wohlgefühlt habe. Nur WILL ich eigentlich keine Sony kaufen. Ich möchte mich ungern auf einen Hersteller festlegen, der nur ein eingeschränktes Objektivangebot hat.
Ähnlich geht es mir mit Samsung. Auch dort schaue ich mir die NX-Modelle an, die mir erstaunlich gut vom ersten Eindruck her zusagen. Nur ist der Marktanteil von Samsung noch deutlich kleiner, außerdem schien es mir so, als würde das Unternehmen auf die Galaxy Camera konzentrieren.
Eine Bildsichtung der OM-D-Fotos am PC verläuft positiv. Ich habe auf die Schnelle JPEGs produziert, die eine wirklich gute Qualität aufweisen. Natürlich sieht man ab ISO 2000 eine recht starke Bearbeitung des Bildrauschens, allerdings eben erst beim Reinzoomen. Gefällt mir insgesamt sehr gut.
Insgesamt bin ich von den digitalen Suchern enttäuscht, und zwar über alle Modelle hinweg. Das letzte Mal habe ich mit der Minolta Dimage 7i einen digitalen Sucher benutzt. Vermutlich sind sie jetzt deutlich besser – aber das Aha-Erlebnis hatte ich wirklich nicht. Unabhängig von der Kamera würde ich ihn vermutlich nur im Notfall nutzen.
Was nun? Im Grunde möchte ich folgendes:
Eine Kamera von der Haptik wie die Sony NEX 6 inklusive WIFI, dazu das Touch-Display der OM-D und die komplette Objektivpalette, die Micro-Four-Thirds zu bieten hat. Den optischen Sucher der Fuji X-Pro1 würde ich natürlich auch gern dazu nehmen – käme aber auch ohne klar. Nur gibt es diese Kamera leider nicht. Bezogen auf die Hersteller heißt das für mich folgendes:
- Fuji: Ist raus. Die Kamera passt einfach nicht in meine Hände.
- Olympus: Die OM-D? Trotz der Tasten, die mir nicht zusagen? WIFI hätte ich mir auch schon immer gewünscht.
- Sony: Tolle Kamera, fehlendes Objektivangebot.
- Samsung: Außenseiter mit schönen Ideen. Hätte ich viel Geld, würde ich sie einfach testen. Aber so kein wirklicher Kandidat.
- Panasonic: Ich kaufe keine Panasonic mehr. Hatte/habe zwei, ich bin mit denen einfach nicht zufrieden. Noch ein Experiment gibt es nicht.
Ich bin noch unsicher, was das nun heißt. Im Zweifelsfall: Warten auf das optimale Modell. Und falls die Ungeduld zuschlägt, könnte es die OM-D werden, die dann im schlimmsten Fall mit Verlust zu Gunsten des optimalen Modells wieder verkauft wird.
Ein Großteil der Bilder wurde am Linhof-Stand aufgenommen. Dort wurden bei Alexander so einige Begehrlichkeiten geweckt – und ich hatte so Zeit zum Testen. Alle Bilder wurden mit ISO ab 800 aufgenommen, viele deutlich darüber. Sie sollen jetzt keine künstlerischen Meisterwerke darstellen, sondern sind einfach eine Auswahl meiner Schnappschüsse während der Test-Stunde.
Ah, Du willst auf Systemkameras umsteigen bzw. sie als Ergänzung zur Canon-Ausrüstung. Ich habe diesen Schritt schon hinter mir und mich komplett von meiner Nikon-Vollformatausrüstung getrennt. Ich fotografiere mittlerweile mit dem Fujifilm X-System. Die X-Pro1 ist meiner früheren Nikon D700 in der Bildqualität sogar überlegen.
Ich komme mit der X-Pro1 hervorragend zurecht und sie ist für mich ein Ideal an Kamera. Die OM-D hatte ich auf der photokina mal in der Hand – war mir zu winzig. Aber sowas ist ja sehr individuell. Auf Fujifilms X-E1 freue ich mich – als Zweit- und Backupkamera.
Zum Sucher: Ja, die X-Pro1 hat den Hybridsucher und ich war von der D700 auch diesen tollen Vollformatsucher gewohnt. Zuerst dachte ich, ich würde die meiste Zeit sicherlich den optischen Sucher an der Fujifilm nutzen, aber jetzt bevorzuge ich zu so gut wie 100% den elektronischen Sucher. Weil er einfach genaueres Arbeiten zulässt (der optische mit Rahmen ist eher der Reportagesucher).
Objektive: Da kommt von Fujifilm ja noch so einiges. Superweitwinkel von entsprechend Kleinbild 21mm, Superweitwinkelzoom, Standardzoom, Telezoom, lichstarke Festbrennweiten, Pancake. Im Grunde alles, was man zur ernsthaften Fotografie braucht. Dazu Fremdhersteller (falls Du es richtig weitwinklig haben willst – z.B. ein 12er von Zeiss, entsprechend 18mm KB).
Die Bildqualität ist von allen Systemkameras bei Fujifilm aufgrund der eigenen Sensorstruktur sicherlich am höchsten (Vollformatniveau) mit entsprechender High-ISO-Leistung. Bei mFT musst Du da schon Abstriche machen.
Naja, so eine Entscheidung ist nicht einfach.
Übrigens, meine aktuellen Sarek & Padjelanta Bilder sind alle mit der X-Pro1 entstanden. Wie z.B. auch diese Serie aus Schweden und Norwegen: http://www.flickr.com/photos/martinhuelle/sets/72157631046928362/
Bei Fragen zu Fujifilm könnte ich Dir weiterhelfen. Bei den anderen Marken eher nicht, weil nicht benutzt …
Und was ist es geworden? Das würde mich sehr interessieren. Ich hadere gerade damit mit eine Canon 7D zu kaufen oder eine Systemkamera… Unterwegs ist die DSLR-Ausrüstung lästig. Problem: mein schönes Wildlife-Tele mit 400mm. Ich bin hin und her gerissen und fände es spannend zu erfahren, wie die Geschichte ausgegangen ist.
Hallo Stef :-)
Deine Frage kommt genau zum richtigen Zeitpunkt! Schau mal hier:
http://www.nordwelten.de/blog/fotografie/nachwuchs-die-olympus-pen-e-pl5-ist-eingetroffen
Nächste Woche steht die nächste Reise nach Lappland an, so dass ich eine neue Kamera unbedingt zunächst parallel zur DSLR testen möchte, bevor ich die nächste Tour mit einer neuen Kamera angehe.
Mir geht es auch so, dass ich wirklich gute Objektive habe, und keinen komplett neuen Objektivpark aufbauen möchte. Ein kompletter Umstieg auf ein kleineres Modell kommt im Grunde auch nicht in Frage, dafür macht mir die 5D II einfach zu viel Spaß. Sollte sich die PEN E-PL5 bewähren, würde ich vermutlich auch mit Kompromissen bei der Objektivauswahl auf der nächsten Tour leben müssen.
Andrea
Das nenne ich Timing ;-) Spannend, ich bin gespannt, welche praktischen Erfahrungen Du damit machst. Ich hatte auch lange eine PEN im Auge, habe mich dann für die Olypmus XZ-1 entschieden, als lichtstarke Hosentaschenknipse. Die 40D ist jetzt bei der Sensorreinigung und hält hoffentlich noch den nächsten Afrika-Trip durch. Auf meiner Recherchereise, bin ich jetzt noch auf die Fuji X20 gestossen: http://www.fujifilm.eu/de/presse/artikel/news/die-essenz-der-fotografie-die-neue-premium-kompaktkamera-fujifilm-x20/?sword_list%5B%5D=x20&no_cache=1
Euer Blog gefällt mir übrigens richtig gut, werde mich bald auf Eure Reiseberichte stürzen.
Viele Grüße
Steffi