Tag 4 – Von Basislager zu Basislager
Donnerstag, 16. August 2012
Ein Tag, der mir unheimlich lang vorkommt! Wir schlafen erneut aus und werden erst aktiv, als die ersten Sonnenstrahlen das Zelt wärmen. Ich bereite uns ein leckeres Morgenmahl zu, so dass wir genug Kraft haben, all unsere Habseligkeiten zu packen und uns auf den Weg zu machen. Schon komisch. Kaum verbringt man zwei Nächte an einem Ort, fühlt man sich schon, als würde man sich von einem Zuhause verabschieden.
Wir gehen grob in die Richtung, aus der wir vor zwei Tage gekommen sind. Allerdings wollen wir uns von Beginn an oberhalb des Pfades bewegen, da wir nicht zur Pårek-Siedlung zurück wollen. Abseits von Wegen bewegen wir uns auf recht ebenen Flächen, kleineren Geröllfeldern, sumpfigen Abschnitten und – zu unserer großen Freude – hüfthohes Weidengestrüpp. Insgesamt jedoch ist der Weg wenig anstrengend und ohne größere Höhenunterschiede zu bewältigen. Bis auf einen Geländeeinschnitt, der auf der Karte etwas unschön aussieht. Und das ist er auch. Es geht unendlich tief nach unten, und in der Tiefe strömt ein recht kräftiger Fluss, und auf der anderen Seite geht es ähnlich steil nach oben. Na prima. Um den Fluss queren zu können, müssen wir uns ein ganzes Stück nach unten bewegen. Auch aus der Nähe sieht der Fluss nicht sympathischer aus. Wir entscheiden uns, ihn auf einer Schneebrücke zu queren, die ebenfalls nicht sympathisch wirkt. Aber besser als nichts. Das Schneefeld ist steil und rutschig, aber das Feld und die Brücke halten. Haben aber einiges an Kraft gekostet. Und nun noch der steile Anstieg auf der Gegenseite. Wir meistern auch diesen und bewegen uns immer grob in Richtung Osten.
Bis zu den nächsten beiden Flüssen wollen wir noch kommen, dann gibt es die große Pause. Der erste der beiden ist nicht dramatisch, allerdings nur mit Watschuhen zu furten. Da der nächste Fluss nicht allzu weit entfernt ist, watscheln wir direkt mit den Watschuhen dorthin. Was für ein komisches Gefühl! Da gehe ich mit lila-farbenen Billig-Plastiktretern, die drei Nummern zu klein sind, mit vollem Gepäck durch die weite Landschaft. Der zweite Fluss ist übrigens ausgetrocknet. Aber hier ist nun erstmal Pause: Hinlegen und entspannen. Alexander eröffnet mir, dass wir nochmal die gleiche Strecke von 8 Kilometern als zweiten Tagesabschnitt anpeilen. Auch das noch. Ich bereite mich innerlich schonmal darauf vor.
Das Wetter ist heute weiterhin trocken, Sonne und Wolken wechseln sich ab. An Anstiegen kommt übrigens immer pünktlich die Sonne raus, ist ja logisch. Nach der Pause geht es recht unspektakulär über eine weite Ebene weiter. Angenehmes, ruhiges Wandern. Vor dem Anstieg am Ende der Etappe wollen wir auf jeden Fall unsere Wasservorräte auffüllen, da wir nicht sicher sind, wie es mit Nachschub auf der Anhöhe bestellt ist. Der letzte eingezeichnete Bach führt dann tatsächlich noch Wasser. Dummerweise befindet er sich im absoluten Mückenparadies – mitten in einer sumpfigen Senke mit unendlich viel Weidengestrüpp. So schlimm wie hier wir es bisher noch nie! Alexander opfert sich und füllt beide Wassersäcke komplett auf. Das sind dann über drei Kilogramm extra Gewicht für jeden auf dem Rücken – und diese Kilo machen uns wirklich zu schaffen. Alexander fühlt sich offenbar von dem Bemühen beflügelt, den Mücken zu entkommen, und möglichst schnell Höhe zu gewinnen. Ich kann kaum folgen. Und wirklich besser wird es mit den Mücken auch nicht. Wir sind schon leicht genervt, und ich muss zum ersten Mal auf dieser Wanderung wirklich kämpfen am Anstieg. Wir kämpfen uns noch ein Stückchen weiter, bis wir in Sichtweite einen Wasserlauf und einen geeigneten Zeltplatz finden. Schluss für heute! Wir bauen das Zelt auf und sind froh, den unzähligen Mücken zu entkommen, die am Zelt Einlass begehren. Viecher! Zum Abendessen gibt es heute eine süße Couscous-Mahlzeit, die mir allerdings eher als Milchsuppe gelingt, und eine Portion Kartoffelbrei mit Frühlingszwiebeln, ganz lecker. Wir kochen uns noch einen Tee, bis wir zurück ins Zelt flüchten. Mit dem ganzen Gesumme ist es einfach nicht gemütlich draußen. Die Rentiere finden das übrigens auch. Die sonst immer so gemächlich grasenden Herden wirken hier regelrecht hektisch. Mehrfach kommen sie direkt an unserem Zelt vorbei.
Nun haben wir schon den dritten Tag in Folge keinen anderen Wanderer getroffen, herrlich! Fotos sind bisher sicher kaum besondere heraus gekommen. Irgendwie fehlen entweder die Motive oder – öfter – das richtige Licht. Die heutige Etappe mit ihrer unheimlichen Weite war wirklich schön, allerdings lassen sich so weite Ebenen schlecht gut fotografieren, wenn sie ständig im Schatten liegen.