Etappe 3 – Blick auf Kebnekaise und Tarfala
Die Nacht war sehr unruhig. Nach etwas Regen am Nachmittag gibt es gegen Abend mehrfach unwetterartigen Starkregen – so laut hab ich selten Regen auf das Zelt prasseln hören. In der Ferne ist immer wieder Donnergrollen zu hören. Im Viertelstundentakt wechseln sich nun Sonne, starker Regen, Wind und Nieselregen ab.
Gegen 2 Uhr beschließen wir, dass wir genug geschlafen haben und dass das Wetter ruhig genug zum Weiterwandern ist. Es ist kühl, so mitten in der Nacht, aber die Sonne schaut schon vorsichtig über die Berge. Um kurz nach 3 Uhr brechen wir auf.
Heute ist ein Geröll-Tag. Wir spielen mit dem Gedanken, den etwa 1.600m hohen Gipfel des Darfálčorru zu besteigen und bewegen uns grob in diese Richtung. Heute ist Alexander nicht ganz fit. Die ersten zwei Tage nach der langen Autofahrt sind immer die schlimmsten. Am Fuß des Berges machen wir tatsächlich mitten im Geröll einen brauchbaren Zeltplatz ausfindig. Den Rest des Anstieges wollen wir ohne schweres Gepäck zurücklegen und bei diesem unbeständigen Wetter bereits das Zelt aufgebaut haben.
Mit den leichten Rucksäcken läuft es sich nun viel einfacher, und so kommt schnell der Kebnekaise in Sicht. Nach weiterem Geröll und dem Umlaufen mehrerer Schneefelder erreichen wir den Gipfel, von wo aus sich ein beeindruckender Anblick bietet: Der Kebnekaise mit seinen beiden Gipfeln, die drei Gletscher, und tief unten im Tal die Tarfala-Hütte am noch zugefrorenen See. Vor ein paar Jahren meinte ein Hüttenwart zu Alexander, dass der Blick von dieser Seite in Richtung Kebnekaise viel schöner ist als der Blick direkt vom Kebnekaise auf die umliegenden Berge – Recht hat er! Na das hat sich jetzt aber gelohnt!
Die grauen Wolken stimmen uns etwas bedenklich, so dass wir den Rückweg antreten. Schön, wie wir von oben das Zelt bereits sehen können und wie es langsam immer näher kommt.
Zurück am Zelt. Zu einer unglaublichen Uhrzeit: 9 Uhr morgens! Unser Tagwerk ist praktisch vollbracht. Es wird geräumt, Wasser geholt, geruht und gekocht: Pasta mit Walnüssen gibt es heute. Auf einem entfernten Schneefeld bemerken wir ein paar Steine, die verdächtig die Form von Rentieren aufweisen. Und tatsächlich: Die Felsen bewegen sich ;-)
Um 11 Uhr liegen wir bereits schlafbereit im Zelt, unfassbar. Wenn wir so weiter machen, holen wir so noch gefühlt einen zusätzlichen Urlaubstag raus.
Wir machen uns Sorgen, dass wir von der Kälbermarkierung gar nichts mitbekommen, weil wir einfach zu früh hier sind und dann nächste Woche auch pünktlich den Heimweg antreten müssen, um rechtzeitig zu Hause anzukommen. Aber jetzt schauen wir erst einmal, was die nächsten Tage so bringen. Einen genauen Plan gibt es nach wie vor nicht.
An Schlaf ist allerdings nicht zu denken. Erst tobt direkt über und um uns herum ein heftiges Gewitter – etwas Sorgen macht mir das schon! Dieses zieht dann zwar weiter, lässt allerdings kräftigen Wind zurück. Im Vorzelt haben wir sogar Hagelkörner liegen, die durch die auftauchende Sonne nun schnell schmelzen. Im Zelt ist es nun abwechselnd zu warm, zu kühl oder zu hell.